Im vorletzten Bericht habe ich angekündigt, euch von der Inderin zu erzählen, die mich wieder dazu gebracht hat, auf das Essentielle zu achten. Beinahe hätte ich vergessen, dasselbige zu erötern. Was ist also passiert?
Hummer, Pfeffersteak oder Tintenfischrisotto?
Das will ich euch sagen: Es ist so ähnlich, als sässe man in einem Fünf-Sterne-Restaurant und kann sich einfach nicht für einen Hauptgang entscheiden. Eigentlich wollte man schon immer mal Hummer ausprobieren, aber das Pfeffersteak oder das Tintenfischrisotto klingen auch verlockend. Und dann wären da noch Vorspeisen und Nachspeisen, die klingen einfach alle herrlich, und man hat Hunger, grossen Hunger. Aber man möchte sich nicht übernehmen, will nur so viel aufnehmen in sich, wieviel möglich ist. Da muss man die Kunst der Selektion beherrschen lernen.
Tsunami der Eindrücke
Ich bin jetzt fast vier Wochen hier im Norden Thailands, und werde von einer Flut von Eindrücken überschwemmt. Das geniesse ich in vollsten Zügen.
Das Erlebnis einer vollkommen anderen Kultur, die Fauna und Flora, die Bräuche und Traditionen, die Religion, die Architektur, das umfassende Angebot an alternativen Heilmethoden, das Essen, die Einwohner Chiang Mais und die vielen hier lebenden Ausländer, die oft aus ähnlichen Gründen hier sind, wie ich - all das atme ich täglich ein und kann nicht genug bekommen.
Es gibt so viel zu lernen, zu sehen, zu erfahren, dass ich gerne fünf Gehirne hätte und noch mehr Arme und Beine.
Back to the roots
Doch wenn man einmal einen Weg eingeschlagen hat, muss man sich manchmal zum Ausgangspunkt zurückdenken, vor allem dann, wenn der Weg plötzlich unendliche Gabelungen aufweist. Ich bin hier, um jene Fähigkeiten zu erlernen, die man benötigt, um ein Spa mit traditionellen thailändischen Heilmethoden zu eröffnen.
Ich bin hier, um Nuad zu lernen. Ich bin hier, um Ideen für Philosophie, Optik und Vermarktungsideen meines zukünftigen Unternehmens zu sammeln.
Das hab ich im ganzen Trubel vergessen. Das und nichts anderes sollte auf meiner Prioritätenliste ganz oben stehen.
Nicht dass ich meine wertvolle Zeit mit auf dem Bett herumlungern, Sonnen- oder Mondbaden, Parties oder so verschlampt hätte. Aber das umfassende Angebot, die vielen Möglichkeiten, die ich habe, haben mich strudeln lassen, nervös gemacht und meinen Blick fürs Wesentliche verschleiert.
Listen to me, Girl!
Eine schlaue Inderin hat mir mit simplen Worten die Augen geöffnet. "Gatarina, concentrate on learning se basics. Then keep on goin." Versuche nicht alles auf einmal zu machen. Lerne nicht von allem nur ein bisschen, und von allem eigentlich nichts. Zuerst lerne dir ein Grundwissen an, dann denke weiter.
Immer langsam mit den jungen Pferden
Hat man einen langen Weg vor sich, muss man langsam einen Fuss vor den nächsten setzen. Babyschritte machen. Es ist wie das Beispiel, dass der alte Strassenkehrer in "Momo" bringt. Sieht man die ganze, unendlich lange Strasse vor sich, die man mit seinem winzigen Besen kehren muss, so verzweifelt man leicht, denkt sich: Wie soll ich das bloss schaffen?
Das ist der falsche Weg. Man muss sich die Zeit nehmen, den Weg in Abschnitte zu unterteilen, sich spielend auf die nächsten fünf Besenkehrer konzentrieren. Hin und her und her und hin - schon ist man dem Ziel etwas näher. Und irgendwann richtet man den Blick vom Besen und man ist beinahe am Ende der Strasse angelangt.
Her mit dem Hummer
Ich nehme mir so viel Zeit, wie ich brauchen werde, um meine Ziele zu erreichen. Ich lasse mich nicht von der vollen Speisekarte einschüchtern. Denn Hummer wollte ich immer schon mal essen, und dieses Restaurant hier, ist berühmt für seine Hummer.
Mahlzeit.